GeWoLeo erhält die Auszeichnung – Beispielhaftes Bauen – 04.11.2024

Bildquelle: Kiehl, Thomas

GeWoLeo

Fichtestraße 27
71229 Leonberg

Architektur/Stadtplanung
Architekturbüro Manderscheid, Christoph Manderscheid Freier Architekt BDA, Tübingen | Bauleitung: Mey Bauleitung GmbH, Rainer Tichy Architekt, Tübingen | LA: Preuss Freiraumplanungen, Wolfgang Preuss, Freier Landschaftsarchitekt, Tübingen

Bauherrschaft

Baugemeinschaft GeWoLeo bestehend aus Sylvia und Stefan Frederich, Burgel und Klaus Wankmüller sowie weitere Eigentümer, Leonberg | Atrio Leonberg e.V. | Bau- und Heimstättenverein Stuttgart eG

Fertigstellung

2017

Begründung der Jury
Hier wurde echte Pionierarbeit geleistet. Ein beispielhafter Prozess über zehn Jahre hat mit viel Durchhaltevermögen zu einer generationenübergreifenden Gemeinschaftswohnanlage mit einer gelungenen Mischung aus Inklusivem Wohnen, Eigentums- und Mietwohnungen geführt. Der große Gemeinschaftsraum im Zentrum verbindet sinnvoll Haus, Bewohner und den wunderschönen Gemeinschaftsgarten miteinander.

Objektbeschreibung
Von einer Leonberger Agenda 21 Gruppe, die ein Mehrgenerationenhaus bauen wollte, wurden wir um Entwürfe gebeten: In einem Baugemeinschaftshaus sollen für Eigentümer, Mieter und eine Gruppe von Menschen mit Behinderungen ganz unterschiedliche Wohnungen entstehen. Ein Gemeinschaftsraum soll Zentrum des Hauses bilden.

Der erarbeitete gezackter Baukörper reagiert in seiner klar definierten Form auf die heterogene Umgebung: Auf der einen Seite nimmt er mit seiner Größe und Länge die gestaltprägenden Mehrfamilienhäuser, insbesondere die östlich liegenden Nachkriegszeilen, auf. Auf der anderen Seite erlebt man ihn als Fußgänger durch seine abgeknickten Fassaden mit immer wieder neuen Perspektiven. Aus vielen Richtungen wirkt er durch die Verkürzung wesentlich kleiner als er ist. Dadurch nimmt er sich gegenüber den kleineren Häusern in der Umgebung zurück. Die stadträumlich wichtige Straßenecke ist räumlich besetzt.

Im Westen entstand ein schöner Vorplatz als Eingangsbereich. Die geschwungene Mauer ermöglicht den Erhalt eines charaktervollen, alten Baumes. Der kompakte Baukörper ermöglicht einen großzügigen Gartenbereich im Osten, der sich mit dem städtischen Grünraum hinter dem benachbarten Reiterstadion vernetzt.

Der abgesenkte Vorplatz öffnet das Haus zu dem zentralen Gemeinschaftsraum und den seitlichen Eingängen. Der im Haus entstandene Höhensprung gibt dem Gemeinschaftsraum und dem Eingangsbereich eine großzügige Höhe von deutlich über 3m. Über breite Treppen (und den Aufzug) erreicht man die ein halbes Geschoss höher gelegenen polygonalen Treppenräume. Deren großzügige dreieckige Treppenaugen werden je von einem öffenbaren Oberlicht erhellt. In ihrer roten bzw. blauen Farbgestaltung unterscheiden sich die ansonsten identisch gestalteten Treppenhäuser und bieten den Bewohnern Identifikation und Orientierung. Der Gemeinschaftsraum verbindet beide Treppenhäuser und ermöglicht viele Alltagsbegegnungen.

Die Grundrisse sind unterschiedlich nach den konkreten Bedürfnissen der Eigentümer und Bewohner gestaltet. Unter den Baukörper eingepasst liegt eine Tiefgarage und hält das Grundstück frei von Parkplätzen. Gemeinschaftsraum und Treppenhäuser sind mit einem sandfarbenen Putz geschlämmt, der Rohbau bleibt spürbar. Im Gemeinschaftsraum sorgen gegenläufig geschuppt angeordnete Heraklithplatten für die gewünschte Raumakustik, und das geölte Parkett schafft eine angenehme Atmosphäre. Über die großzügigen Verglasungen öffnet sich der Gemeinschaftsraum gleichzeitig zum Vorplatz und in den angrenzenden Garten.

Der Baukörper, aus hochwärmedämmenden Ziegeln gemauert, ist mit einem mit Ziegelsplitt gefärbten Kalk verputzt. Die Fassade ist mit Streifen aus Kellenwurf in Höhe der Geschossdecken gegliedert. Diese dunklen Putzstreifen nehmen die grauen, vorstehenden Rollladenkästen auf und binden sie in die Gesamtgestaltung ein. Die dunkler gestalteten Rückwände der Loggien und Dachterrassen machen erlebbar, wie ihr Raum aus dem Gesamtvolumen herausgeschnitten ist.

Die geschosshohen Fenster in einem normalen und einem schmäleren Hochformat sind frei in die Fassade gesetzt und ermöglichen eine individuelle Belichtung der unterschiedlichen Grundrisse. Die Balkon- und Fenstergitter spielen mit unregelmäßig angeordneten Knicken. Aus diesem Muster hat die Grafikerin die Gestaltung des Auflaufschutzes auf den Glasflächen im Eingangsbereich abgeleitet.

Energetisch wird das Haus durch ein gasbetriebenes Blockheizkraftheizwerk abgerundet und erreicht das KFW 70-Niveau. Der Strom wird über ein entsprechendes Organisationsmodell den Bewohnern günstig angeboten.

Textquelle: Architektenkammer Baden-Württemberg